Mit Ayurveda durch die Wechseljahre
Die Wechseljahre sind im Leben einer jeder Frau in jeglicher Hinsicht ein sehr intensiver und einschneidender Prozess.
Es ist eine wichtige Phase, in der die Frauen sich oft intensiv mit ihrem Leben auseinandersetzen und zuweilen alles in Frage stellen, was sie bisher erlebt haben. Auf der körperlichen Ebene muss ein neues Selbstbild gefunden werden, denn die Weiblichkeit verändert sich, der Körper hat nicht mehr dieselbe Kraft wie früher und auch die Haut hat nicht mehr die gleiche Spannkraft wie noch vor ein paar Jahren. Man legt an körperlichen Rundungen zu, obwohl das Essverhalten sich nicht verändert hat. Auch mit einem verpassten Kinderwunsch muss die Frau sich nun endgültig auseinander setzen. Mentale Veränderungen müssen bewältigt werden, wenn nun plötzlich unbekannte Ängste, erhöhte Empfindsamkeit und Schlafstörungen auftauchen. Die Frauen müssen akzeptieren, dass die Powerfrau, die immerzu funktioniert hat, nun länger für Aufgaben braucht, empfindlicher ist und sich nicht mehr so leicht verbiegen kann.
Im Ayurveda wird das Leben in drei Lebensphasen eingeteilt. Da ist zunächst Bala, die Kindheit, die von einer natürlichen Kapha Dominanz (Schwere) geprägt ist; nach der Pubertät folgt Madhya, die Lebensmitte (16 bis 60 Jahre) in der Pitta (Feuer) vorherrscht, welches und uns die Kraft schenkt, all die Herausforderungen von Ausbildung über Karriere bis zur Familiengründung und andere lebensprägende Dinge zu leisten. Danach folgt Jara, die Lebensphase mit einer natürlichen Vata Dominanz (Wind und Kälte), die sich bei allen Menschen bemerkbar macht. Verbunden ist diese Phase unter anderem mit nervlichen Symptomen wie Schlafstörungen und mit körperlichen Veränderungen wie zum Beispiel Trockenheit im Bewegungsapparat und in der Haut, sowie weniger körperlicher Kraft. Die Menopause setzt in der Regel in dem Zeitraum vom Übergang von Madhya zu Jara, aber teilweise auch schon deutlich früher ein. Für den weiblichen Körper eine nicht nur äußerliche, vor allem durch das Ausbleiben der Menstruation objektiv erkennbare Veränderung, sondern oftmals auch eine mentale Umwandlung, mit der „frau“ zurechtkommen muss.
Aber all dies ist auch ein Prozess, der uns die Chance gibt, das Leistungsprinzip aus der Pitta-Phase des Lebens zu reflektieren. Zu wissen, dass die Aufgaben gegenüber der Gesellschaft (Artha) erfüllt sind und in ein entspanntes Leben gleiten zu können mit viel Souveränität, ungeahnter neuer Energie, Kreativität und Gelassenheit. Der Wunsch nach mehr Abwechslung kommt gerade bei Frauen ohne Kinder in dieser Zeit besonders stark zum Ausdruck. Aber auch bei Familienfrauen kommt der Wunsch auf, nachdem die Verantwortung für die Familie geringer wird, nochmals durchzustarten zu wollen, mit ganz eigenen Wünschen und Zielen, für die vorher kein Raum war. Man könnte auch sagen: „Die körperliche Fruchtbarkeit stellt sich ein, damit die Frau sich auf sich selbst besinnen und geistige Kinder gebären kann.“
Für all diese Symptome und Veränderungen bietet der Ayurveda sanfte und gründliche Möglichkeiten um diesen Prozess möglichst gut zu begleiten. Physiologisch sinkt der Östrogen und Progesteron/Gestagen-Wert in der Menopause. Die Auswirkungen dieser reduzierten Hormonversorgung gilt es nun auszugleichen. Die Begleitsymptome nivellieren sich langsam, wenn die Hormone sich auf einem niedrigen Niveau wieder eingependelt haben. Das kann aber bis zu zehn Jahre andauern.
Da die Menopause mit dem beginnenden Alter, der Vata-Phase einsetzt, weisen auch viele Symptome auf einen Vata-Überschuss hin (emotionale Dünnhäutigkeit, Schlafstörungen, trockene Schleimhäute), aber zugleich treten auch Pitta-Symptome auf, da Vata die Symptome von Pitta befeuert. Dies provoziert nun Hitzewallungen, Hautirritationen, Reizbarkeit, Aggressionen und verstärkte Blutungen, die schon fast wie das letzte Aufbäumen vor der Kapitulation erscheinen können. All dies passiert, da die Pitta-Dominanz nicht langsam abnimmt und Vata langsam zunimmt, sondern diese beiden Faktoren in Wechselwirkungen miteinandertreten und sich gegenseitig provozieren.
Ziel der ayurvedischen Therapie der Menopause-Symptome ist es, die erregten Bioenergien (Doshas) Pitta und Vata zu beruhigen. Idealerweise sollten Frauen schon ab dem 40. Lebensjahr verstärkt auf Signale ihres Körpers achten, um rechtzeitig auf auftretende Schwankungen reagieren zu können. Zu diesem Zeitpunkt kann schon mit mehr Bewegung, mentaler Entspannung und einer auf die Bioenergien eingestellte Ernährung viel erreicht werden.
Oberstes Ziel der Therapiestrategie in der Menopause ist es, die Ungleichgewichte von Vata und Pitta auszugleichen. Die Behandlung ist abhängig davon, welches Dosha überwiegt, von dem Alter der Frau und dem Zustand von der Verdauungskraft, im Ayurveda „Agni“ genannt. Begleitend zu einer bewussten Ernährung und der Einnahme von ayurvedischen Rasayanas (übersetzt Verjüngungsmittel) können Meditation, Hormon-Yoga und Atemübungen sowie äußerliche Anwendungen in Form von Massagen (Abhyanga) und Ölstirngüssen (Sirodhara) eine sehr wertvolle Unterstützung sein.
Durch den Wegfall der Menstruation, die im Ayurveda als monatlicher natürlicher Reinigungsprozess betrachtet wird, kann nun eine ayurvedische Reinigungskur (Panchakarma) in den Wechseljahren sehr hilfreich sein, die körperlichen Veränderungen aktiv zu unterstützen und die Umstellungen mental besser zu akzeptieren. Ideal wäre in dieser Zeit eine regelmäßige Kur, um angestaute Energie abzuleiten oder konstruktives Potential zu bahnen.
Aber auch kleinere „Tageskuren“, wie zum Beispiel ein durch einen Ayurveda-Therapeuten angeleitetes Abführen oder unterstützende Einläufe, helfen Frauen sehr gut, mit den mentalen und körperlichen Veränderungen in den Wechseljahren zurecht zu kommen.
Frauen sollten den Prozess der Wechseljahre also nicht als den Beginn des Älterwerdens verstehen, sondern die Chancen auf einen neuen und spannenden Lebensabschnitt wahrnehmen und ausschöpfen.